Ricarda Huchs Große Männer
A lecture at the Online-Symposium Zwischen Dichtung und Wissenschaft: Ricarda Huch und die Essayistik der Moderne, DLA Marbach – Universität Lothringen (CEGIL), 7.-8. Oktober 2021.
Abstract
Ricarda Huchs historische Werke befassen sich mit Menschen, deren Charakter sich durch Antrieb, Genie, List oder Leidenschaft auszeichnet und somit ihre Reputation begründet. Auch wenn die Wissenschaft bestätigt hat, dass sie sich der schwerwiegenden Rolle der Frau bewusst war, zum Beispiel in der Etablierung der deutschen Kultur und deren Bräuche in der Romantik, waren es eher die Männer der deutschen und europäischen Geschichte, die ihre Aufmerksamkeit gefesselt haben. Einige darunter haben Nationen geführt, wie der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Karl oder der italienische Freiheitskämpfer Garibaldi; andere waren mehr oder weniger Revolutionäre, wie Wallenstein oder Bakunin; und in einigen anderen wie Stein oder Keller sah Huch eine Art geistiges Charisma.
Huchs anhaltende Aufmerksamkeit für unterschiedliche historische Figuren im Laufe ihrer Karriere erfordert, dass wir einige grundlegende Fragen stellen: Was erklärt ihr Interesse an diesen großen Männern? Sind diese Studien das Werk einer Polemikerin, die eine gewisse politische oder gesellschaftliche Vision fördern will? Sind sie das Werk einer Historikerin, die genau weiß, was ihre bürgerlichen Leser ansprechen würde? Sind sie eine Anerkennung der Behauptung, dass die Geschichte der Welt – um Carlyle zu zitieren – „nichts als die Biografie großer Männer“ ist?
Um diese Fragen zu beantworten, werde ich einige von Huchs bedeutendsten Vorstößen in die „Geschichte des großen Mannes“ durchgehen. Ziel dabei ist, mögliche Gemeinsamkeiten in ihrer Behandlung dieser Figuren festzulegen sowie zu beurteilen, inwiefern sich die Art dieser Darstellungen im Laufe von Huchs langer Karriere verändert hat. Huchs Interesse daran, wie die Persönlichkeiten dieser großen Männer sie auf die Herausforderungen ihrer Zeiten vorbereitet haben – oder eben nicht – wird sich wahrscheinlich als roter Faden in diesen Essays herausstellen. Der Einfluss von Huchs eigenen politischen und sozialen Affinitäten darf dabei jedoch nicht unbeachtet bleiben.
References and Citations
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